Scheinfasten: wenn Essen beim Fasten erlaubt ist

Kurzzeitiges Fasten ist eine bewährte Methode, um Übergewicht abzubauen und Insulinresistenz zu verringern und dadurch Diabetes und anderen Krankheiten vorzubeugen. Allerdings lässt sich ein vollständiger Verzicht auf Nahrung für die meisten Menschen sehr schwer über längere Zeit oder wiederholt durchhalten. ForscherInnen haben aber beobachtet, dass der Großteil der positiven Effekte auf unsere Gesundheit auch durch eine proteinarme Diät mit reduzierter Kalorienzahl hervorgerufen werden kann (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7, https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3, https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700). Solch ein Scheinfasten (fasting-mimicking diet, FMD, fasten-ähnliche Diät) zeichnet sich durch eine Ernährung mit viel Gemüse und Ballaststoffen aus, kann aber auch wenige Nüsse und andere gesunde Fettquellen enthalten. Dadurch stellt ein FMD-Scheinfasten eine ideale Alternative zu klassischem Wasserfasten dar, da Menschen während dieses Fastens essen dürfen, aber ähnliche Vorteile erhalten wie bei echtem Fasten. Durch die kontinuierliche Versorgung des Körpers mit wichtigen Mineralstoffen und Vitaminen wird durch Scheinfasten sogar das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen deutlich verringert.

Was passiert beim Scheinfasten im Körper?

Scheinfasten wirkt auf mehrere Schlüsselhormone und Stoffwechselprozesse: durch die reduzierte Aufnahme von Proteinen und Kohlenhydraten über die Nahrung sinken der Blutzuckerspiegel und das insulin-ähnliche Wachstumshormon IGF-1 (insulin-like growth factor), während dessen Antagonist, das IGF-bindende Protein IGFBP-1 verstärkt produziert wird. Zudem wird der Körper auf einen Fettstoffwechsel (anstelle von Verbrennung von Glukose) umgestellt, was sich in gesteigert Produktion von Ketonkörpern wie β-OHB (beta-hydroxybutyrate) zeigt. Weil die gleichen Veränderungen in Blutwerten und Stoffwechsel auch bei Wasserfasten auftreten, spricht man bei einer protein- und kalorienarmen Diät auch von Scheinfasten (https://www.annualreviews.org/doi/10.1146/annurev.nutr.26.061505.111258, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(13)00503-2, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7, https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700).

Innerhalb von fünf Tagen einer solchen proteinarmen Diät mit durchschnittlich 800kcal pro Tag sank bei den TeilnehmerInnen einer Pilot-Studie der Blutzuckerwert um 11%, während sich die Konzentration an Ketonkörpern fast vervierfachte (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7) – dies ist ein starkes Indiz für eine Diät-induzierte Ketosis. Gleichzeitig wurde die Menge an IGFBP-1 um 50% erhöht und das IGF-1-Level um 24% gesenkt. Zwar haben sich die Blutwerte nach Wiederaufnahme der normalen Essgewohnheiten wieder etwas normalisiert, doch sind längerfristige Verbesserungen feststellbar: nach drei Monaten mit jeweils 5-tägiger Scheinfasten-Diät und anschließender ad-libitum-Ernährung blieb der Glukose-Wert 6% niedriger als zu Beginn der Studie; der IGF-1-Wert sogar 15% niedriger – ein Ergebnis, das sich in nachfolgenden Studien bestätigen ließ (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700) und auf die reduzierte Proteinaufnahme zurückzuführen ist (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1474-9726.2008.00417.x). Damit ist regelmäßiges Scheinfasten ein wirksames Mittel, um längerfristig die Insulin-Sensitivität zu verbessern und so Diabetes vorzubeugen.

Eine kalorienreduzierte und proteinarme Diät ist genauso gut wie Fasten

Sowohl Scheinfasten als auch Wasserfasten reduzieren Blutzucker und IGF-1 bei gleichzeitiger Erhöhung von IGFBP-1 und Ketonkörpern. Der einzige Unterschied ist die Intensität: weil die verbleibenden Proteine und Kohlenhydrate der fasting-mimicking diet nach wie vor nährstoffsensitive Rezeptoren aktivieren und auf diese Weise IGF-1-Level erhöhen können, ist ein Tag einer solchen proteinarmen Diät nicht genauso wirksam wie ein Tag vollständigen Fastens. Bei Mäusen, die aufgrund der kleinen Körper und der höheren Nahrungsaufnahme pro Körpergewicht eine stärkere Beeinflussung der Blutwerte durch die Diät zeigen, ist ein Vergleich zwischen Fasten und FMD gezogen worden (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7 Supplementary Material): eine Scheinfastenkur von 96h ist dabei für genauso effektiv befunden worden wie echtes Fasten für nur 72h. In beiden Szenarios kann ein Absenken des Blutzuckerspiegels und des IGF-1-Werts um etwa 45% beobachtet werden sowie ein Anstieg der Ketonkörper auf das 10-fache des Ursprungswertes und des IGFBP-1-Werts auf das 8-fache.

Der größte und entscheidende Unterschied ist: die fasting-mimicking diet erlaubt es, während des Fastens zu essen. Dadurch fällt es Menschen deutlich leichter, sich längerfristig oder regelmäßig einer Scheinfastenkur zu unterziehen.

Hilft Scheinfasten beim Abnehmen?

In mehreren Untersuchungen ist beobachtet worden, dass regelmäßiges Scheinfasten zu signifikantem Abbau von Fettpolstern führt und so beim Abnehmen hilft. Über 3 Fastenzyklen hinweg haben TeilnehmerInnen einer Studie beispielsweise im Mittel 1,5kg Fett verloren und ihren Bauchumfang um 4cm reduzieren können, während der Anteil an Muskelmasse erhalten blieb (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700). Erfreulicherweise fällt der Gewichtsverlust umso stärker aus, je mehr Übergewicht eine Person hat: TeilnehmerInnen mit einem BMI von über 30 konnten diesen innerhalb der 3 Monate um 1,4 verringern, während bei einem Anfangs-BMI von unter 25 nur eine Reduktion um etwa 0,5 beobachtet werden konnte.

Noch deutlicher zeigen Studien an Mäusen, dass regelmäßiges Scheinfasten beim Fettabbau hilft: über 14 Monate hinweg (also 28 Fastenzyklen) konnten die Tiere ihre Fettmasse um fast 70% verringern, während die Muskelmasse genauso hoch blieb wie bei Tieren ohne das Diätprogramm (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Besonders bedeutsam: dieser enorme Abnehmerfolg ist ohne eine Reduktion der gesamten Kalorienzahl erreicht worden; die Tiere haben in der Zeit zwischen den Diättagen so viel mehr Nahrung zu sich genommen, dass die reduzierte Futtermenge während der Fastentage ausgeglichen vollständig worden ist. Scheinfasten hilft also beim Abnehmen – selbst ohne eine Netto-Reduktion der gesamten Kalorienmenge.

Regelmäßiges Fasten verbessert Stoffwechsel selbst bei ungesunder Ernährung

Die Beobachtung, dass Mäuse durch die fasting-mimicking diet auch ohne langfristige Kalorienreduktion Fett abbauen, ist bereits erstaunlich genug und macht das Scheinfasten sehr attraktiv für übergewichtige Menschen. Es scheint aber nicht nur fast egal zu sein, wie viel Nahrung in der Zeit zwischen den Fastentagen konsumiert wird, sondern auch welcher Art diese ist. Eine Studie hat Mäuse einer fettreichen Ernährungs ausgesetzt, sodass die Tiere fettleibig wurden (Anstieg ihrer Fettmasse auf das 5-fache), obwohl die Kalorienzahl nicht verändert wurde (https://www.nature.com/articles/s42255-021-00469-6). Eine Vergleichsgruppe, in der die Tiere einmal pro Monat für fünf Tage eine protein- und kalorienreduzierte Diät machten, konnte den Großteil der Gewichtszunahme verhindern und insbesondere vor dem Ansetzen von Fettpolstern schützen: durch das regelmäßige Scheinfasten blieb die Fettmasse dieser Tiere genauso niedrig wie bei einer normalen fettarmen Ernährung. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass durch das Scheinfasten alle negativen Effekte der fettreichen Ernährung wieder ausgeglichen werden konnten; auch konnte eine fettleibigkeitsbedingte Verkürzung der Lebensdauer fast vollständig verhindert werden. Trotz der fettreichen Ernährung ließen sich sogar Verbesserungen der Gesundheit gegenüber der Kontrolltiere beobachten, die eine Standard-Ernährung ohne Scheinfasten verfolgten: die Zahl der Ketonkörper war durch das regelmäßige Scheinfasten längerfristig leicht erhöht, und auch die Arterienverkalkung konnte reduziert werden.

Die beste Diät gegen Diabetes?

Regelmäßiges Scheinfasten hilft nicht nur, Insulin, IGF-1 und Blutzucker niedrig zu halten und so Diabetes vorzubeugen (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700), es kann sogar Diabetes teilweise rückgängig machen. Typ-1-Diabetes zeichnet sich dadurch aus, dass die β-Zellen der Bauchspeicheldrüse ihre Fähigkeit verlieren, Insulin zu produzieren. Ähnliche Effekte können auch als Spätfolge lang andauernder Insulinresistenz auftreten, wie sie bei unbehandelter Typ-2-Diabetes auftreten kann. Um den Stoffwechsel und die Beeinträchtigungen der Bauchspeicheldrüse bei Diabetes zu simulieren, untersuchten ForscherInnen Mäuse mit einem Gendefekt am Leptinrezeptor, der zunächst Insulinresistenz verursacht und später auch eine Fehlfunktion der β-Zellen; außerdem auch Tiere, in denen die Insulinproduktion der β-Zellen durch ein Medikament gehemmt war. In beiden Versuchsgruppen konnte die Insulinproduktion um das fünf-fache wieder gesteigert werden, indem die Mäuse einer regelmäßigen Scheinfasten-Diät ausgesetzt wurden (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(17)30130-7, https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3). Die erhöhte Zahl insulinproduzierender β-Zellen kann letztendlich die Symptome eine Typ-1-Diabetes abmildern.

Interessanterweise stieg durch die fasting-mimicking diets sogar die Zahl der β-Zellen der Bauchspeicheldrüse an (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(17)30130-7, https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3) – dies ist sehr ungewöhnlich, da die Neubildung von β-Zellen in adulten Tieren normalerweise extrem langsam geschieht. Als Wirkmechanismus wurde eine Stimulation von Ngn3+ Zellen durch die protein- und kalorienarme Ernährung ermittelt. Diese Vorläuferzellen der β-Zellen haben die Eigenschaft, ähnlich wie Stammzellen eine Reihe verschiedener spezifischer Zellen durch Zellteilung zu entwickeln. Auf diese Weise kann das Gewebe der Bauchspeicheldrüse verjüngt und die Neubildung von β-Zellen angeregt werden. Diese Beobachtung konnte im Reagenzglas an menschlichen Zellen der Bauchspeicheldrüse bestätigt werden – und zwar sowohl für gesunde Menschen als auch für Typ-1-Diabetiker! Verantwortlich für die Aktivierung der Ngn3+ Zellen ist ein niedriges IGF-1 Level, aber insbesondere auch eine gleichzeitige Reduktion von PKA (protein kinase A) und mTOR. Die Neubildung von β-Zellen wurde bislang allerdings nur bei intermittierendem Fasten beobachtet, also bei regelmäßig durchgeführten Diäten von wenigen Tagen; ein langfristiges Fasten oder eine dauerhafte kalorienreduzierte Ernährung konnte diesen Effekt nicht hervorrufen (https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3).

Scheinfasten verjüngt den Körper

Wiederholte protein- und kalorienarme Diäten regen die Aktivität von Enzymen an, die Gewebe reparieren und aufbauen. Dies geschieht nicht nur in der Bauchspeicheldrüse (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(17)30130-7, https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3), sondern auch in Muskeln (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7), Knochenmark (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7) und Darm (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0) sowie in Gehirn (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7, https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)01258-X) und Rückenmark (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(16)30576-9).

FMD regt Stammzellen in Muskeln und Knochenmark an

Beispiele für regenerationsfördernde Enzyme, die durch fasting-mimicking diets in Mäusen aktiviert wurden (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7), sind Pax7, das ähnlich wie Stammzellen für den Wiederaufbau von Muskeln verantwortlich ist (https://www.nature.com/articles/nature03594, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(11)01443-7) und p62, das eine Schlüsselrolle in Autophagie-Prozessen spielt (https://www.nature.com/articles/ncb0310-207, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(09)00619-9). Alte Mäuse, die den Großteil ihres Lebens regelmäßiges Scheinfasten durchgeführt haben, zeigten Aktivitätslevel dieser verjüngenden Enzymen, wie sie sonst für junge Tiere üblich wären. Auch die Zahl mesenchymaler Stammzellen im Knochenmark (also Stammzellen, die die Bildung von Knochen, Knorpel und Blutgefäße ermöglichen) wurde durch protein- und kalorienarme Diäten auf das 5-fache erhöht (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Diese verjüngenden Effekte traten allerdings nicht während der Fastentage selbst auf, sondern erst bei genügend Nährstoffzufuhr in der Regenerationsphase. Als Folge dieser Verjüngungsschübe ist beispielsweise die Knochendichte von Mäusen signifikant höher, wenn diese regelmäßige Scheinfastenkuren gemacht haben (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7).

Studien an Menschen bestätigen den generellen Trend, dass regelmäßiges Scheinfasten die Bildung mesenchymaler Stammzellen erhöht; bezogen auf die Knochendichte konnte aber keine signifikante Wirkung nachgewiesen werden (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Neben methodischen Schwierigkeiten wie kleineren Stichproben und einer schwierigeren Überwachung der exakten Ernährungsmuster während der Diättage zeigen Studien an Menschen bisher auch deshalb schwächere Ergebnisse, weil nur 3 Monate Beobachtungszeitraum ausgewertet wurden. Verglichen mit den 12 Monaten Studiendauer bei Mäusen, und unter Berücksichtigung einer halb so hohen Diätfrequenz (1-mal 4 Tage pro Monat bei Menschen statt 2-mal pro Monat bei Mäusen) lag die Zahl an Fastenzyklen also 8-mal niedriger als in den Tierversuchen. Entsprechend schwächere Effekte sind daher nachvollziehbar und erwartbar.

Scheinfasten hält die Darmflora besser gesund als Wasserfasten

Ähnlich wie tägliches Intervall-Fasten, alternierendes Fasten (every-other-day diet) oder Fasten für mehr als 2 Tage das Mikrobiom in unserem Darm beeinflussen (https://jamanetwork.com/journals/jamasurgery/article-abstract/592651, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(17)30504-1, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00505-1), verändert auch die proteinarme und kalorienreduzierte Diät beim Scheinfasten unsere Darmflora (https://link.springer.com/article/10.1186/s12986-018-0318-3, https://link.springer.com/article/10.1007/s13311-019-00719-2, https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0).

Im direkten Vergleich von regelmäßigen fasting-mimicking diets mit echtem Fasten ohne feste Nahrungsaufnahme zeigen die FMD-Diäten bei Mäusen mit entzündlichen Darmerkrankungen (inflammatory bowel diseases, IBD) wie Morbus Crohn deutlichere Verbesserungen (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0). Insbesondere verbessert Scheinfasten nicht nur Blutwerte, sondern führt auch zu sichtbar gesünderen Därmen, während derart ausgeprägte Effekte beim Wasserfasten nicht beobachten werden konnten. Auch hier ist als Wirkmechanismus die Aktivierung von Lgr5+ Darm-Stammzellen (intestinal stem cells, ISC) identifiziert worden (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0, https://www.cell.com/cell-stem-cell/fulltext/S1934-5909(16)30397-6) sowie erhöhte Level von BrdU+ (bromodeoxyuridine), welche verstärkte Zell-Regeneration anzeigen (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7, https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0). Dass die durch FMD veränderte Darmflora maßgeblich für die abgemilderten Symptome der Darmentzündungen verantwortlich ist, zeigt sich in einem Experiment, in dem Darmbakterien von Mäusen nach Scheinfasten auf kranke Tiere übertragen worden sind, woraufhin sich deren Entzündungslevel reduziert haben. In Menschen sind bislang keine ausführlichen Studien mit Blick auf die Darmgesundheit durchgeführt worden; allerdings ist eine generelle Verringerung von Entzündungswerten aufgrund von Scheinfasten-Diäten nachgewiesen worden (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30181-0, https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700).

Scheinfasten hält das Gehirn jung

Mäuse, die ein Jahr lang zweimal pro Monat Scheinfasten praktiziert hatten, zeigten im Vergleich mit gleichaltrigen Artgenossen ohne speziellen Ernährungsplan ein verbessertes Kurz- und Langzeitgedächtnis in Labyrinth-Experimenten und gesteigerte Neugier (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Ursache dafür ist vermutlich auch eine gesteigerte Bildung neuer Neuronen im Gyrus Dentatus, einem Teil des Hippocampus. Dieser Teilbereich des Gehirns gilt als einzige Quelle junger Neuronen in ausgewachsenen Tieren und Menschen (https://www.nature.com/articles/nm1198_1313). Überraschenderweise war in den Mäuse-Experimenten bereits innerhalb von 72 Stunden nach Beginn der Fastenzeit im Gyrus Dentatus eine erhöhte Konzentration des wachstumsstimulierenden Hormons IGF-1 nachweisbar, während sowohl im restlichen Hippocampus als auch im Körper stark reduzierte Level gemessen wurden (wie es für reduzierte Nahrungsaufnahme üblich ist).

Regelmäßige Diäten verhindern Dopaminverlust bei Parkinson

In anderen Experimenten an Mäusen mit Parkinson ist beobachtet worden, dass regelmäßige fasting mimicking diets die motorische Funktion und das Reaktionsvermögen wieder auf das Niveau nicht-erkrankter Tiere erhöhen konnten (https://link.springer.com/article/10.1007/s13311-019-00719-2). Ursache für die Verbesserung der Krankheitssymptome durch Scheinfasten ist eine Wiederherstellung der Dopamin-Produktion, die durch Parkinson beeinträchtigt würde: drei 3-tägige Diäten mit protein- und kalorienarmer Ernährung erhöhten die Dopaminlevel der Mäuse mit Parkinson auf das 2,5-fache; in einer Kontrollgruppe mit gesunden Tieren blieben die Werte unbeeinflusst durch FMD, und auch die über den Monat gemittelte Kalorienmenge der FMD-Mäuse war identisch zur Kontrollgruppe. Verantwortlich für die Wiederherstellung der Dopaminlevel ist eine Re-Aktivierung der dopaminergenen Neuronen in der Substantia nigra, einer Gehirnregion, in der die Dopaminproduktion maßgeblich gesteuert wird. Interessanterweise wird ein Teil dieses Effekts durch Änderungen in der Darmflora hervorgerufen: eine Transplantation von Darmbakterien aus gesunden Tieren mit regelmäßigen fasten-ähnliche Diäten in Tiere mit Parkinson sorgte bereits für einen signifikanten Anstieg der Dopaminlevel in den kranken Mäusen.

Sind proteinarme Diäten ein Mittel gegen Alzheimer?

Regelmäßige proteinarme Diäten verbessern das Kurzzeitgedächtnis von Mäusen mit Alzheimer (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)01258-X, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/acel.12049). Als möglicher Wirkmechanismus ist eine Verringerung von phosphorylierten tau-Proteinen beobachtet worden, die bereits in der Frühphase von Alzheimer stark ansteigen (https://www.nature.com/articles/s41591-020-0781-z). Auch konnte bei regelmäßigen fasting-mimicking diets eine Verringerung an Amyloid-β Proteinen in Mäusen nachgewiesen werden (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)01258-X); diese gelten als wichtigste Marker der Alzheimer-Krankheit. Auch in dieser Studie konnte eine erhöhte Zell-Regeneration im Gyrus Dentatus nachgewiesen werden, der Gehirnregion, wo neue Neuronen gebildet werden können. Die beobachteten Effekte fielen generell bei regelmäßigem Scheinfasten stärker aus als bei längeren proteinarmen Diäten ohne zusätzliche Kalorienreduktion (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)01258-X).

Scheinfasten wirkt gegen Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der T-Zellen des Immunsystems körpereigene Nervenzellen angreifen, z.B. im Gehirn und im Rückenmark, und deren schützende Myelin-Umhüllungen zerstören, wodurch sich dort das Gewebe entzündet. Gleichzeitig nimmt bei MS die Zahl funktionstüchtiger Oligodendrozyten ab, deren Aufgabe es wäre, neue Myelin-Schutzhüllen zu bilden. Mäuse, in denen durch Gabe von myelin oligodendrocyte glycoprotein 35-55 eine derartige Autoimmunerkrankung induziert worden ist, konnten vor den motorischen Einschränkungen bewahrt werden, wenn sie nach Auftreten erster Symptome jede Woche eine drei-tägige protein-arme und kalorienreduzierte Diät begonnen (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(16)30576-9). Bei diesen Tieren sank der phänomenologisch ermittelte Schweregrad auf einer Skala von 1 bis 5 auf 1 ab, während Tiere der Kontrollgruppe im Durchschnitt einen Wert von 3 erreichten. Zum Vergleich: eine durchgehend ketogene Ernährung sorgte für eine moderate Verbesserung des Schweregrads auf 2 und blieb damit weniger effektiv gegen dieses Modell von Multipler Sklerose als regelmäßiges Scheinfasten.

Die ForscherInnen stellten aber auch fest, dass regelmäßige fasting-mimicking diets im Frühstadium von MS (d.h. vor Symptombeginn) sogar vorbeugend wirken können: bei diesen Tieren erkrankte nur weniger als die Hälfte der Tiere, denen das krankheitsauslösende Protein verabreicht worden war. Und selbst bei Mäusen, die erst nach Symptombeginn mit Scheinfasten-Kuren behandelt worden waren, konnten in 20% der Fälle durch die wiederholten Diäten alle Symptome vollständig geheilt werden. Dies spiegelte sich auch in Gewebeschnitten des Rückenmarks wieder, in dem in der fastenden Gruppe niedrigere Entzündungswerte und wiederhergestellte Myelinhüllen nachgewiesen wurden. Verantwortlich hierfür ist zum einen eine Verringerung der Zahl an T-Zellen und damit eine niedrigere Schädigungsrate der Neuronen. Eine weitere Ursache liegt in einer verstärkten Regeneration der Oligodendrozyten sowie einer erhöhten Aktivität von deren Vorläuferzellen; es scheinen sich also durch eine FMD-Behandlung neue Oligodendrozyten gebildet zu haben, die die Myelinhüllen der Nervenzellen wiederherstellen konnten. Dieser regenerative Effekt des Scheinfastens konnte auch in einem anderen Mäuse-Modell für Multiple Sklerose bestätigt werden, das auch ohne Beteiligung von T-Zellen das Myelin in Neuronen beschädigt (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(16)30576-9).

In einer kleinen Pilot-Studie an menschlichen MS-PatientInnen konnte bereits eine einzige Fasten-ähnliche Diät über 7 Tage, gefolgt von 3 Monaten beliebiger Ernährung, das gesundheitliche Befinden und die Lebensqualität der TeilnehmerInnen signifikant verbessern; der Effekt war auch hier beim Scheinfasten stärker ausgeprägt als bei einer durchgehenden ketogenen Ernährung (https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(16)30576-9).

Helfen regelmäßige proteinarme Diäten gegen Krebs?

In mehreren Studien an Mäusen ist beobachtet worden, dass regelmäßiges Scheinfasten das Wachstum von Tumoren verlangsamen kann (zum Teil in ähnlichem Ausmaß wie eine Chemotherapie) und die Effektivität einer parallel erfolgenden Chemotherapie signifikant verstärken kann (https://www.cell.com/cancer-cell/fulltext/S1535-6108(16)30265-3, https://www.cell.com/trends/cancer/fulltext/S2405-8033(22)00268-0, https://link.springer.com/article/10.1007/s11357-020-00317-7, https://www.nature.com/articles/s41586-020-2502-7). Als Gründe hierfür gilt eine Aktivierung von blutbildenden Stammzellen, die auch die Produktion von Lymphozyten des Immunsystems anregen, welche in Tumorgewebe eindringen und es bekämpfen können. Gleichzeitig werden durch das verringerte Nährstoffangebot eine differentielle Sensitivität und auch Widerstandsfähigkeit ausgeprägt: Tumorzellen werden empfindlicher auf äußeren Stress durch die Chemotherapie, während gesunde Körperzellen besser geschützt werden (https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.3003293, https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.0708100105, https://link.springer.com/article/10.1007/s11357-020-00317-7, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(21)00486-1, https://pubs.acs.org/doi/full/10.1021/acs.nanolett.2c03890, https://www.nature.com/articles/s41467-020-16243-3).

Beispielsweise haben wiederholte fasting-mimicking diets von 3-4 Tagen im Abstand von ca. 2 Wochen Brustkrebs etwa 20% und Hautkrebs etwa 30% langsamer wachsen lassen als bei normaler Ernährung (https://www.cell.com/cancer-cell/fulltext/S1535-6108(16)30265-3) – vergleichbar zur Behandlung mit chemotherapeutischen Medikamenten. Bei kombiniertem Scheinfasten und Chemotherapie-Behandlungen jeweils am Ende der Fasten-Tage ließ sich das Tumorwachstum um zusätzliche 50% verringern. Eine protein- und kalorienarme Diät war in den Versuchen genauso effektiv wie ein vollständiger Verzicht auf feste Nahrung.

Scheinfasten unterstützt Menschen bei Chemotherapien im Kampf gegen Krebs

Auch in Menschen mit Brustkrebs wurde beobachtet, dass eine fasten-ähnliche Diät begleitend zur Chemotherapie deren Schaden an T-Zellen reduziert und so Nebenwirkungen verringert und das Immunsystem stärkt (https://www.nature.com/articles/s41467-020-16138-3, https://aacrjournals.org/cancerdiscovery/article/12/1/90/675618/Fasting-Mimicking-Diet-Is-Safe-and-Reshapes). Gleichzeitig wurde eine größere Wirkung von Strahlenbehandlungen festgestellt, wenn die PatientInnen regelmäßiges Scheinfasten betrieben hatten.

Wie sieht Scheinfasten aus?

Scheinfasten ist eine proteinarme und kalorienreduzierte Diät ohne Zucker, aber reich an Gemüse und Ballaststoffen. Stoffwechselveränderungen wie erhöhte Insulinresistenz lassen sich typischerweise bereits durch eine Kalorienreduktion erzielen, aber andere Vorgänge im Körper werden speziell durch die Menge verfügbarer Aminosäuren reguliert – deshalb muss der Proteinanteil niedrig gehalten werden. Um die Bildung von Ketonkörpern zu stimulieren, ist hingegen insbesondere eine kohlenhydratarme Ernährung erforderlich.

Was darf man bei Scheinfasten essen?

Zu den Bestandteilen einer Scheinfasten-Diät zählen:

  • Gemüsesuppe, -brühe oder Tomatensuppe (wenig Fett)
  • Nüsse (ein bis zwei Handvoll)
  • Viel Gemüse
  • Nahrungsergänzungsmittel (Omega-3-Fette / Multivitamintabletten / Mineralstoffe)

In Studien haben TeilneherInnen neben Gemüse- und Tomatensuppe spezielle Nuss-Riegel (energy bar) zu essen bekommen, außerdem Gemüse-Chips (beispielsweise aus Grünkohl oder Paprika) und Algenöl (als Lieferant für Omega-3) (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700 Supplementary Information, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Generell darf man beim Scheinfasten viel Gemüse essen und wenig Nüsse: Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralsalze sind gut, während man auf Zucker und einfache Kohlenhydrate verzichten sollte.

Wie lange dauert eine Scheinfasten-Diät?

Üblicherweise dauert eine Scheinfasten-Diät bei Menschen 5 Tage; davon ist am ersten Tag eine etwas höhere Kalorienzufuhr erlaubt als an den Folgetagen (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7).

Bei einer Studie an Mäusen fiel jedoch auf, dass 4-tägiges Scheinfasten im Abstand von allen zwei Wochen zwar für jüngere Mäuse gut ist und Krankheiten vorbeugt, jedoch bei älteren Mäusen ab dem letzten Lebensdrittel kürzere Fastenzeiten von nur 3 Tagen zu niedrigeren Sterblichkeiten führen (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7). Es ist gut denkbar, dass die Reaktionen des Körpers im höheren Alter anders ausfallen als bei jungen Erwachsenen; beispielsweise ist auch in Menschen bekannt, dass bei Über-60-Jährigen eine höhere Proteinzufuhr mit besserer Gesundheit korreliert, während dies bei jüngeren Menschen nicht zwangsläufig der Fall ist (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00062-X). Die Belastung durch eine protein- und kalorienarme Diät darf nicht unter den Tisch gekehrt werden: während der Fasten-Tage erfolgt in der Regel ein Gewichtsverlust, weshalb untergewichtige Menschen auf dieses Ernährungsmuster verzichten sollten. Bei Unwohlsein sollte man im Zweifelsfall das Scheinfasten abkürzen bzw. abbrechen.

Wie viel darf man beim Scheinfasten essen?

In den Studien an Menschen gab es Unterschiede in der genauen Zusammensetzung der Diäten, doch die erlaubten Kalorienzahlen waren ähnlich: beim Scheinfasten durften TeilnehmerInnen am ersten Tag etwa 1100 kcal essen, an den folgenden vier Tagen etwa 720 kcal (https://www.science.org/doi/full/10.1126/scitranslmed.aai8700). Je nach Größe und Grundumsatz entspricht dies 50% bzw 30% der normalen Kalorienmenge.

Welche Lebensmittel unterbrechen das Fasten nicht?

Lebensmittel, die kaum verwertbare Kohlenhydrate enthalten und nur wenig Protein, heben den Blutzucker nicht an und erhalten die Ketosis aufrecht; sie unterbrechen das Fasten also nicht. Weil Ballaststoffe im Essen sowohl den Blutzuckeranstieg verringern als auch den Abbau von Ketonkörpern verhindern (https://diabetesjournals.org/care/article/1/6/351/293/Effect-of-Added-Fiber-on-the-Glucose-and-Metabolic), sind ballaststoffhaltige Lebensmittel während des Fastens in vielen Fällen erlaubt. Außerdem sind unverdauliche Ballaststoffe zwar chemisch gesehen auch Kohlenhydrate, werden vom Körper aber nicht aufgenommen und müssen daher nicht beim Kalorienzählen berücksichtigt werden.

ForscherInnen haben eigens einen FMD Energy Bar entwickelt, der keine Blutzuckerantwort hervorruft und auch keine Änderung der Konzentration an Ketonkörpern; es gab keinen messbaren Unterschied zwischen ProbandInnen, die diesen Fasting Bar gegessen hatten, und jenen, die Wasserfasten betrieben hatten (https://www.mdpi.com/2072-6643/13/5/1523). Ein solcher Diät-Riegel besteht aus einen 77% Fett, 9% Protein und 14% Kohlenhydraten; zusätzlich liegen unverdauliche Ballaststoffe in gleicher Menge vor wie verwertbare Kohlenhydrate, und der Fettanteil besteht fast ausschließlich aus ungesättigten Fettsäuren. Der Fasten-Riegel besteht vor allem aus Nüssen (Mandeln, Macadamia- und Pekannüsse); für die Ballaststoffe sind Leinsamen und Inulin beigemischt, und zum Verkleben und Süßen wird (wenig!) Honig genutzt.

Kritik: wenig Daten zur Wirkung im Menschen

Während Studien an Mäusen eine große Bandbreite an gesundheitsverbessernden Effekten belegen, gibt es bisher erst wenige Studien an Menschen. Diese waren zudem recht klein, sodass nicht alle Beobachtungen mit hinreichend statistischer Trennschärfe ausgewertet werden konnten (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09637486.2020.1746959). Außerdem sind in der Regel ausgeschiedene TeilnehmerInnen in der Analyse nicht mehr berücksichtigt worden, wodurch eine Verzerrung der Ergebnisse entstanden sein könnte. Eine weitere Unsicherheit könnte daraus resultieren, dass sowohl die Ernährung der Kontrollgruppe als auch der Versuchsgruppen zwischen den Diät-Tagen nicht explizit vorgegeben worden ist (weder in Kalorienzahl noch Zusammensetzung an Makronährstoffen), sodass eine hohe Streuung der Resultate zwischen verschiedenen Individuen zu erwarten ist. Auf der anderen Seite zeigen Experimente an Mäusen, dass selbst bei denkbar ungünstiger Ernährung zwischen den Fastenkuren gesundheitsverbessernde Effekte zu beobachten sind (https://www.nature.com/articles/s42255-021-00469-6).

Was ist das optimale FMD-Protokoll?

Beim Vergleich mehrerer Studien zu fasting-mimicking diets stellt man fest, dass auch die Fasten-Protokolle nicht jedes Mal die gleichen waren. Sowohl die Zeitdauern als auch Kalorienzahl und -verteilung auf Kohlenhydrate und Fette variierte etwas. Kritiker mäkeln deshalb zurecht an, dass dadurch (und wegen einer fehlenden Referenz-Ernährung) die Vergleichbarkeit zwischen den Studien nicht mehr gewährleistet ist (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09637486.2020.1746959). Diese Unterschiede können aber umgekehrt als Flexibilität von FMD-Scheinfasten ausgelegt werden: verglichen mit einer unveränderten Ernährung sind selbst bei geringen Abweichungen vom „perfekten“ Fasten-Protokoll noch positive Effekte auf die Gesundheit messbar. Den meisten Menschen ist mehr damit geholfen, sich nur ungefähr an eine Diät zu halten, anstatt diese aufgrund zu starrer Richtlinien komplett aufzugeben. Darin liegt auch die Idee einer fasting-mimicking diet: die gesundheitsverbessernden Effekte kurzzeitigen Fastens auch Menschen zu ermöglichen, die „echtes“ Wasserfasten nicht durchhalten würden. Die exakte Umsetzung dieses Scheinfastens muss nicht mit Messbecher und Waagschale erfolgen, sondern orientiert sich an wenigen Prinzipien: wenig Kalorien und wenig Protein für einige Tage.

Wie verhindert man Muskelabbau beim Fasten?

Eine häufige Angst von gesundheitsbewussten und körperlich aktiven Menschen ist, dass ein Verringern der Proteinzufuhr zu einem Abbau von Muskeln führt. Eine Studie an 71 Menschen kam allerdings zum Ergebnis, dass drei FMD-Zyklen über einen Zeitraum von 3 Monaten die Muskelmasse der TeilnehmerInnen unverändert ließen; es erfolgte dabei jeden Monat eine 5-tägige Diät mit etwa einem Drittel der normalen Kalorienmenge und nur 10% Proteinanteil (https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.aai8700). Später fand eine weitere Studie statt, um die maximale Kraftausübung von Muskeln und die Reaktion auf neurologische Reize am Beispiel der Beinmuskeln zu untersuchen. Auch diese Studie konnte aber keine signifikanten Auswirkungen des mehrmaligen Scheinfastens feststellen (https://link.springer.com/article/10.1007/s00421-021-04867-2): selbst wenn am Ende der Diät-Tage eine niedrigeres Körpergewicht gemessen wurde, war keine Änderung der Muskelfunktion zu beobachten.

Auch echtes Fasten ohne Nahrungsaufnahme für mehrere Tage führt nicht zwangsläufig zu einem Abbau von Muskeln; zumindest nicht, wenn moderates Krafttraining oder anderer Sport auch während der Fastentage betrieben wird (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/jcsm.12766). Lediglich zu Beginn des Fastens wird auch Protein in nennenswertem Maße verstoffwechselt; sobald der Körper aber auf einen Fettstoffwechsel (Ketose) umgestiegen ist, bleibt Protein weitgehend unangetastet. Mit verantwortlich für den Erhalt der Muskelmasse während des Fastens ist wohl das Hungerhormon Ghrelin, das im Verlauf des Fastens ansteigt (https://academic.oup.com/biomedgerontology/article/75/4/621/5165582).

Fazit: ist Scheinfasten ein Allheilmittel?

Fasting-mimicking diets kombinieren viele bekannte und erfolgreiche Konzepte: Kalorienreduktion, Ketosis und Proteinreduktion. Durch die kurze Dauer einer Scheinfasten-Diät von wenigen Tagen und anschließender normaler Ernährung lassen sich viele Risiken und Nebenwirkungen langfristiger Ernährungseinschränkungen minimieren. Insbesondere wird die Gefahr einer Mangelversorgung mit wichtigen Mikronährstoffen wie Mineralien und Vitaminen während des Scheinfastens sichergestellt; und auch die Gewichtsabnahme stellt keine so große Gefahr dar wie bei gleich langem Wasserfasten.

Ein FMD-Ernährungsplan konnte in Menschen den Blutzuckerspiegel senken und dadurch Insulinresistenz und Diabetes vorbeugen, während gleichzeitig die Fettverbrennung angeregt worden ist. Damit würde ein Großteil der Bevölkerung in Industrienationen von regelmäßigem Scheinfasten profitieren.

In Tieren haben wiederholte FMD-Zyklen eine Vielzahl weiterer gesundheitlicher Verbesserungen hervorgebracht: durchs Scheinfasten sind Stammzellen in vielen unterschiedlichen Organen aktiviert worden, sodass sich krankes und nicht-funktionstüchtiges Gewebe regenerieren konnte. Ob diese Effekte in Menschen reproduziert werden können, ist bislang unklar, da vergleichbare Studien fehlen, und auch weil die Verbesserung der Stoffwechselmarker durch FMD in Menschen schwächer ausfällt als in Mäusen. Der unterstützende Effekt von Scheinfasten im Kampf gegen Krebs ist hingegen zwar in Tierversuchen deutlich eindrucksvoller belegt, jedoch bereits in einer Pilotstudie an Menschen bestätigt worden. Wichtig ist hier aber der Hinweis: Scheinfasten alleine ist keine medizinische Behandlung, die eine Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation ersetzen könnte! Scheinfasten kann aber die Wirkung der klassischen Behandlungen verstärken und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen abschwächen. In jedem Fall müssen KrebspatientInnen vor Beginn des Scheinfastens dieses mit Ärzten abklären.

Selbst, wenn Scheinfasten bei Menschen nur einen Teil der positiven Effekte auf die Gesundheit von Mäusen reproduzieren kann, könnte es sich bereits lohnen. Das FMD-Ernährungsmuster ist in seinem Grundkonzept sehr flexibel und bietet eine unkomplizierte Möglichkeit, unseren Stoffwechsel und unsere Gesundheit zu verbessern.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert