Tägliches Fasten – Überblick

Zahlreiche Studien an Mäusen und anderen Tieren belegen, dass Diäten mit reduzierter Kalorienmenge der Entwicklung alterungsbedingter Krankheiten vorbeugen und dadurch auch die Lebensdauer der Tiere verlängern können (https://sci-hub.se/10.1177/019262339602400618, https://sci-hub.se/10.1016/j.mad.2005.03.016). Auch in uns Menschen verbessert eine kalorienreduzierte Ernährung viele Faktoren unserer Gesundheit (https://www.science.org/doi/10.1126/science.abg7292, https://www.mdpi.com/1422-0067/23/12/6546). Heute weiß man, dass für viele der positiven Effekte gar keine langfristigen Diäten erforderlich sind, sondern eine Abwechslung von Zeiten normaler Nahrungsaufnahme mit Phasen ohne Essen ausreicht. So eine Ernährungsweise nennt sich intermittierende oder Intervall-Fasten: hier wird nicht explizit vorgeschrieben, was gegessen werden soll, sondern lediglich, wann.

Tägliches Intervall-Fasten

In diesem Artikel fokussieren wir uns auf die populärste Form des Intervallfastens, nämlich tägliches Fasten, also eine an jedem Tag zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme (im Englischen bekannt als time-restricted eating). Diese Ernährungsweise bedeutet, dass jeden Tag alle kalorienhaltigen Nahrungsmittel in einem Zeitfenster von nur wenigen Stunden gegessen werden sollen; den Rest des Tages wird gefastet. Das beliebteste Format ist ein 16:8-Fasten, bei dem sich 16h Fasten ohne Nahrung mit 8h Essenszeit abwechseln. Eine extremere Form stellt das One-Meal-A-Day-Fasten dar, bei dem nur eine einzelne Mahlzeit eingenommen wird und sich das Fasten über den Rest des Tages und die Nacht erstreckt – im Durchschnitt kommt dieses Modell also einem 22:2- oder gar 23:1-Rhythmus nahe.

Im Gegensatz zu anderen Formen des intermittierenden Fastens (wie dem alternate day fasting, bei dem nur an jedem zweiten Tag gegessen werden darf, oder noch längeren Fastenperioden von mehreren Tagen) ist es bei täglichem Fasten relativ einfach möglich, trotz der Fastenzeiten eine normale Gesamt-Kalorienzufuhr beizubehalten. Damit ist dieser Ernährungsrhythmus nicht nur für übergewichtige Menschen interessant, die längerfristig ihr Körpergewicht reduzieren und Fettpolster abbauen wollen, sondern auch für gesunde und normalgewichtige, die keinen Gewichtsverlust anstreben.

In diesem Artikel werden wir genauer beleuchten, wie tägliches Fasten sich auf unsere Gesundheit auswirken kann und möglicherweise zu einem längeren Leben verhilft. Dabei klären wir auch den Wirkmechanismus und diskutieren, wie ein optimaler Fastenrhythmus aussehen könnte.

Vorteile von täglichem Fasten für die Gesundheit

Eine Vielzahl an Studien, Reviews und Metastudien schreibt einem täglichen Fasten, bei dem die Nahrungsaufnahme in nur 12h oder weniger erfolgt, mehrere positive Auswirkungen auf die Gesundheit zu (https://www.mdpi.com/2072-6643/11/7/1500, https://link.springer.com/article/10.1007/s11883-021-00922-7, https://sci-hub.se/10.1056/NEJMra1905136, https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042(20)30346-1, https://sci-hub.se/10.1113/JP280542, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(13)00503-2). Die berichteten Effekte sind vielfältig: neben Abbau von Übergewicht und Verringern des Körperfettanteils (https://sci-hub.se/10.1002/oby.22756, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(20)30319-3) wird der Blutzuckerspiegel langfristig gesenkt und die Insulinantwort des Körpers auf Mahlzeiten verbessert (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(20)30319-3, https://www.nature.com/articles/s41387-021-00149-0); beides verringert das Risiko für Diabetes bzw. mildert dessen Symptome. Außerdem kann tägliches Fasten den Blutdruck senken (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(19)30611-4) und den Fettstoffwechsel positiv beeinflussen, was sich beispielsweise in einem abgesenkten Cholesterinspiegel wiederspiegelt (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(19)30611-4).

Daneben gibt es auch Hinweise darauf, dass tägliches Fasten das Wachstum von Tumoren verlangsamt und sogar ihrer Bildung vorbeugen kann – zumindest bei Krebsarten, die auch mit Übergewicht assoziiert werden, wie Brustkrebs oder Darmkrebs (https://www.nature.com/articles/s41467-020-20743-7, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ijc.31649, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25896523/, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27032109/, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ijc.31584, https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.3003293, https://acsjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.3322/caac.21694, https://tcr.amegroups.com/article/view/24941/html).
Studien an Mäusen legen sogar nahe, dass intermittierendes Fasten gegen neurologische Schäden schützt (https://www.nature.com/articles/nrn.2017.156, https://journals.sagepub.com/doi/10.1038/jcbfm.2014.36, https://sci-hub.se/10.1080/09637486.2020.1866504).

Etwaige Befürchtungen, dass durch intermittierendes Fasten die Muskulatur geschwächt würde, konnten in mehreren Studien nicht bestätigt werden (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17461391.2016.1223173, https://doi.org/10.18632/aging.102384, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0899900718300364).

Viele positiven Auswirkungen von Intervallfasten sind nicht verwunderlich – immerhin ist bekannt, dass kohlenhydratarme und auch proteinarme Diäten gesundheitsfördernde Effekte haben (https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.aai8700, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/acel.13626). Im Gegensatz zu klassischem Fasten, bei dem über ein oder mehrere Tage auf kalorienhaltige Nahrung verzichtet wird, muss Intervallfasten allerdings nicht zwangsläufig mit einer Reduktion der gesamten Kalorien- oder Proteinzufuhr verbunden sein. Solange aber sowohl die Versuchs- als auch die Kontrollgruppe während der Essenszeiten unbegrenzt essen dürfen und quasi Zugang zu einem all-you-can-eat Buffet haben, ist der Einfluss der Nahrungsmenge nur schwer vom Einfluss der zeitlichen Beschränkung zu unterscheiden. Es stellt sich also die Frage, ob eine zeitliche Einschränkung der Essenszeiten auch unabhängig von der aufgenommenen Nahrungsmenge Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

Einfluss täglichen Fastens bei gleichbleibender Kalorienzahl: Mäuse

Um zu untersuchen, ob tägliches Fasten auch bei gleichbleibender Kalorienzahl gut für die Gesundheit ist, haben ForscherInnen mehrere Experimente an Mäusen durchgeführt, in denen jeweils eine Kontrollgruppe mit gleicher Futterzusammensetzung und -menge gefüttert worden ist, aber mit freiem Zugang zum Futter, also ohne zeitliche Einschränkung der Fütterungszeiten. Auf diese Weise konnte beobachtet werden, dass ein 12:12 Intervallfasten die Lebensdauer der Tiere um 10% verlängert – und das sogar unabhängig davon, ob das Futter größtenteils aus „ungesundem“ Zucker bestand oder aus komplexeren Kohlenhydraten (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30512-6). In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass ein 16:8 Intervallfasten Stoffwechselprobleme behebt, die eine fettreiche Ernährung ansonsten verursacht hätte – selbst, wenn die aufgenommene Kalorienmenge unverändert blieb (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(12)00189-1, https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2016.02.005, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00498-7). Ein Großteil dieser Effekte waren auch in modifizierten Intervallfasten-Rhythmen sichtbar, beispielsweise im Alternate-Day-Fasting (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00498-7) oder bei exakt 12h Abstand zwischen allen Mahlzeiten (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(17)30608-3).

Einfluss täglichen Fastens bei gleichbleibender Kalorienzahl: Menschen

Auch bei Menschen hat tägliches Fasten bei gleichbleibender Kalorienaufnahme und Nährstoffzusammensetzung positive Effekte auf die Gesundheit (https://www.mdpi.com/2072-6643/12/12/3770/htm): insbesondere lässt sich die Insulin-Sensitivität verbessern (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5) bzw. der Blutzuckerspiegel absenken (https://www.mdpi.com/2072-6643/11/6/1234/htm, https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0). Außerdem begünstigt tägliches Fasten ein Absenken des Blutdrucks (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5, https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001), des Körperfettanteils (https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001, https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0) und der Hormonspiegel von Leptin und Testosteron (https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0), aber einen leichten Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterin (https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001) und von Adiponektin (https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001, https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0). Diese Auswirkungen traten zum Teil selbst dann auf, wenn das Körpergewicht unverändert blieb (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5).

Uhrzeit, nicht Dauer entscheidend

Nicht alle Studien zu Intervallfasten zeigen einen Effekt, der über eine bloße kalorienreduzierte Diät hinausgeht, in der feste Mahlzeiten über den Tag verteilt sind (https://sci-hub.se/10.1001/jamainternmed.2020.4153, https://sci-hub.se/10.3390/nu12041126, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/oby.23420, https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2114833, https://academic.oup.com/jes/article/5/Supplement_1/A417/6241767). Einige berichten sogar von negativen Auswirkungen: bei einem 20:4 Intervallfasten mit einer abendlichen Mahlzeit ist beispielsweise geringfügig erhöhter Blutdruck berichtet worden (https://academic.oup.com/ajcn/article/85/4/981/4648934), konträr zu Ergebnissen aus anderen Studien (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5, https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001).

Kritik an Studien zu Intervall-Fasten

Es gibt mehrere mögliche Gründe, weshalb Studien zu täglichem Fasten zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen: ein Grund ist, dass die Zusammensetzung der Versuchsgruppen zwischen verschiedenen Studien nicht vergleichbar ist: der positive Effekt von täglichem Fasten auf die Gesundheit scheint für Übergewichtige und Diabetes-Risiko-Patienten signifikanter auszufallen als für normalgewichtige gesunde Menschen (vgl. https://sci-hub.se/10.1080/10408398.2020.1789550).

Daneben fehlt es vielen Studien an Kontrollgruppen, deren Ernährungsrhythmus deutlich vom untersuchten täglichen Fasten abweicht (https://academic.oup.com/edrv/article/43/2/405/6371193). Wenn beispielsweise Probanden der Kontrollgruppe gewohnheitsmäßig ihre Mahlzeiten bereits in einem 11-Stunden-Fenster einnehmen, entspricht dies einem täglichen Fasten im 13:11-Rhythmus, und es kann kein großer zusätzlicher Effekt bei Änderung auf einen 16:8-Rhythmus erwartet werden (dies kritisiert https://www.cell.com/cell-reports-medicine/fulltext/S2666-3791(22)00197-5 beispielsweise an https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2114833).

Und schließlich unterscheiden sich zwischen den Studien die Zeitfenster, innerhalb derer gegessen werden durfte – nicht nur in Länge, sondern auch in der Tageszeit. Allerdings ist bekannt, dass die Glukoseantwort auf ein und dieselbe Mahlzeit bei Menschen morgens generell niedriger ausfällt als abends (https://sci-hub.se/10.2337/diab.25.10.936, https://link.springer.com/article/10.1007/s00125-012-2770-3, https://sci-hub.se/10.2337/diab.22.5.333). Offensichtlich ist der natürliche Stoffwechsel des Menschen also abhängig von der Tageszeit; und das Weglassen des Frühstücks korreliert beispielsweise mit erhöhtem Risiko für Übergewicht (https://sci-hub.se/10.1016/j.orcp.2019.12.002) sowie mit erhöhtem Blutdruck und Cortisol-Spiegel (https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0031938414006684) – ganz unabhängig von täglichem Intervallfasten.

Mahlzeiten früh am Tag sind besser als ein spätabendliches Festmahl

Nur wenige Studien vergleichen einen Ernährungsrhythmus mit Mahlzeiten früh am Tag mit einem späteren Zeitfenster. Es gibt Anzeichen dafür, dass durch frühe Essenszeiten der Glukose-Stoffwechsel verbessert werden kann (https://www.mdpi.com/2072-6643/10/11/1763/htm, https://www.nature.com/articles/ijo2015138), was sich in einem längerfristig abgesenkten Blutzuckerspiegel (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/oby.22449, https://www.nature.com/articles/ijo2014182, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/oby.20460, https://www.nature.com/articles/s41467-022-28662-5, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5, https://sci-hub.se/10.1210/jcem-69-3-604) wiederspiegelt und Diabetes vorbeugen kann (https://link.springer.com/article/10.1007/s00125-015-3524-9). Auch der Blutdruck (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5) scheint bei Mahlzeiten früh am Tag deutlicher abgesenkt zu werden. Außerdem wird dadurch die Bildung von Entzündungsproteinen gehemmt (https://academic.oup.com/ajcn/article/105/6/1351/4668664, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5) und die Aktivierung von Sirtuinen verstärkt (https://www.nature.com/articles/s41467-022-28662-5), die an mehreren zellulären Reparaturprozessen beteiligt sind. Ein frühes Abendessen und eine lange Pause bis zum Mittagessen am nächsten Tag korrelieren mit Langlebigkeit und sind insbesondere Merkmal der Gruppe der Über-Hundertjährigen (https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2022.863106/full).

In mehreren Studien werden durch Mahlzeiten früh am Tag größere Abnehm-Erfolge beobachtet statt bei großen Mahlzeiten spät am Abend (https://www.nature.com/articles/ijo2012229, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/oby.20460, https://www.nature.com/articles/s41467-022-28662-5); viele der gesundheitlichen Vorteile treten aber auch in Kraft, wenn durch Anpassen der Nahrungsmenge ein Abnehmen der Studien-TeilnehmerInnen verhindert wurde (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30253-5). Für Abnehmwillige könnte eine Verlagerung auf Mahlzeiten früher am Tag dennoch interessant sein: wer den Großteil der Kalorien bei Frühstück und Mittagessen zu sich nimmt, verspürt im Mittel weniger Hunger als Menschen, deren Hauptmahlzeit am Abend liegt (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(22)00344-8, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(22)00397-7).

Neben der Vorbeugung von Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen hat eine Studie an Frauen zudem einen positiven Effekt von frühen Mahlzeiten auf den Sexualhormon-Haushalt nachgewiesen (https://portlandpress.com/clinsci/article-abstract/125/9/423/69160/Effects-of-caloric-intake-timing-on-insulin). Außerdem scheint ein verlängertes nächtliches Fasten (insbesondere durch Vermeidung sehr später Mahlzeiten) mit einem verringertem Risiko für Brust- und Prostatakrebs zu korrelieren, vermutlich aufgrund von verbesserten Blutzuckerwerten (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ijc.31649, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25896523/, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27032109/, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ijc.31584). Diese Korrelationen werden gestützt von Experimenten an Mäusen, in denen längere Fastenperioden von 48h das Wachstum bestehender Tumore verlangsamen und die Effektivität einer Chemotherapie verbessern konnten (https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.3003293).

Tagsüber fasten, nachts essen? – ungesund, trotz Intervallfasten

Im Extremfall kann Intervallfasten aber sogar schädliche Effekte auf die Gesundheit haben, falls die Nahrungsaufnahme zu spät abends und nachts erfolgt, wenn der Körper normalerweise ruhen würde (https://www.cambridge.org/core/journals/proceedings-of-the-nutrition-society/article/window-matters-a-systematic-review-of-time-restricted-eating-strategies-and-their-effect-on-cortisol-and-melatonin-secretion/F858583C128237B96E171193DE046DC8, https://academic.oup.com/jes/article/5/Supplement_1/A417/6241767).

Dies ist zumindest eine mögliche Erklärung, weshalb einige Studien mit nur einer Mahlzeit am Abend negative Auswirkungen dieser Art des Intervallfastens auf den Stoffwechsel der ProbandInnen beobachtet haben (https://sci-hub.se/10.1016/j.metabol.2007.07.018, https://academic.oup.com/ajcn/article/85/4/981/4648934). In einer Studie ist sogar festgestellt worden, dass eine morgendliche Mahlzeit hingegen positive Effekte hatte, zum Teil sogar selbst dann, wenn dadurch das gesamte Essenszeitfenster verlängert wurde (https://academic.oup.com/jes/article/5/Supplement_1/A417/6241767).

Eine rigorosere Kontrolle über Essensmenge und -zeitraum zur Erforschung der Zusammenhänge lässt sich leichter in Experimenten an Mäusen umsetzen. Hier konnte nachgewiesen werden, dass 12:12 Intervallfasten einen negativen Effekt hat, wenn das Futter nicht nachts angeboten wird, wenn die Tiere normalerweise aktiv sind und fressen, sondern um 12h auf tagsüber verschoben ist, wenn sie eigentlich schlafen würden: dieser verschobene Essensrhythmus hat zu einer Zunahme des Körpergewichts geführt (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1038/oby.2009.264, https://www.metabolismjournal.com/article/S0026-0495(16)00034-2/fulltext) – und dass selbst, wenn die Tiere dabei weniger Kalorien zu sich genommen haben als bei einem normalem Essensrhythmus (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ejn.13563). Schwieriger zu kontrollieren ist allerdings das Maß an körperlichen Aktivität; Mäuse mit verschobenem Essensrhythmus waren generell auch weniger aktiv als die Kontrollgruppe mit normalem Essensrhythmus (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1038/oby.2009.264, https://www.metabolismjournal.com/article/S0026-0495(16)00034-2/fulltext).

Unterschiede der Verstoffwechslung: was soll man wann essen?

In den meisten Studien sind allerdings weder Zusammensetzung noch Größe der Mahlzeiten kontrolliert worden (vgl. https://academic.oup.com/advances/advance-article/doi/10.1093/advances/nmac015/6529225). Es ist aber bekannt, dass beispielsweise mit dem hohen Ballaststoffgehalt eines klassischen Frühstücks mit Müsli oder Früchten positive Effekte wie verringerte Insulinausschüttung und verlangsamter Blutzuckeranstieg verbunden sind (https://www.jabfm.org/content/34/4/678). Dieser Effekt hält für wenige Stunden an, sodass die Ballaststoffe eines späten Frühstücks möglicherweise noch die Verstoffwechslung des Mittagessens positiv beeinflussen können (https://academic.oup.com/ajcn/article/69/4/647/4737353, https://link.springer.com/article/10.1007/s00125-003-1081-0, https://sci-hub.se/10.1038/sj.ejcn.1602427).

Selbst die Reihenfolge, in der verschiedene Makronährstoffe innerhalb einer Mahlzeit aufgenommen werden, hat Einfluss auf die Insulinausschüttung. Für die niedrigste Insulinantwort und damit das geringste Diabetesrisiko sollten Sie Kohlenhydrate möglichst gegen Ende der Mahlzeit essen, und mit Gemüse und Proteinen beginnen (https://doi.org/10.1093/cdn/nzz034.P10-072-19, https://www.mdpi.com/2072-6643/12/9/2502, https://doi.org/10.2337/dc15-0429, https://dom-pubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/dom.13503, https://doi.org/10.2337/dc17-2244).

Zusätzliche scheint eine fettreiche Mahlzeit am Morgen die Insulin- und Blutzuckerantwort einer kohlenhydratreichen Mahlzeit am Abend zu verstärken im Vergleich zur umgekehrten Reihenfolge (https://www.nature.com/articles/srep44170, Mäuse (aber nachtaktiv!) http://www.nature.com/articles/ijo201063). Aber auch die Gesamt-Kalorienzahl und die glykämische Last der Nahrungsmittel spielen eine Rolle: sie sollten beim Abendessen möglichst niedrig ausfallen (https://sci-hub.se/10.1017/S0007114511006507, https://www.nature.com/articles/ijo2012229).

Das Essen von kohlenhydratreichen Snacks kurz vor dem Schlafengehen verhindert leider den Abbau von Fettpolstern: während das Fettstoffwechsel-Enzym Lipase in Menschen mit einem natürlichen Essensrhythmus normalerweise gegen Mitternacht die höchste Aktivität zeigt, wird die nächtliche Fettverbrennung durch eine spätabendliche Mahlzeit unterdrückt (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(22)00397-7, https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.3000622, https://academic.oup.com/jcem/article/105/12/e4407/5877911).

Der zirkadiane Rhythmus als Ursache für tageszeitabhängige Effekte

Die Ursache für tageszeitabhängige Stoffwechselprozesse ist der zirkadiane Rhythmus (vgl. lateinisch circa diem = ungefähr ein Tag): dieser beschreibt einen etwa 24h langen Zyklus von Hormonschwankungen, die für die Steuerung von Müdigkeit und Wachheit sowie Körpertemperatur und Stoffwechsel maßgeblich sind (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(08)01067-2, https://www.nature.com/articles/nature11704, https://dom-pubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/dom.12516, https://sci-hub.se/10.1126/science.148.3676.1427, https://sci-hub.se/10.1016/j.metabol.2017.11.017). Zu den Hormonen, die tageszeitlichen Schwankungen unterliegen, zählen beispielsweise das Schlafhormon Melatonin (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1046/j.1365-2826.2003.00989.x), das Stresshormon Cortisol (https://sci-hub.se/10.1016/j.psyneuen.2013.06.010, https://sci-hub.se/10.1038/s41574-019-0228-0, https://academic.oup.com/jcem/article/90/2/741/2836628), das Sättigungshormon Leptin (https://sci-hub.se/10.1016/S0026-0495(99)90198-1, https://www.jci.org/articles/view/119717/pdf, https://sci-hub.se/10.1038/sj.ijo.0801693), das Hungerhormon Ghrelin (https://academic.oup.com/jcem/article/90/2/741/2836628, https://sci-hub.se/10.2337/diabetes.50.8.1714), und auch Insulin (https://journals.physiology.org/doi/epdf/10.1152/ajpendo.1996.271.2.E246, https://dom-pubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/dom.12516, https://academic.oup.com/edrv/article/18/5/716/2530790).

Die tageszeitabhängige Produktion von Insulin ist beispielsweise maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass kohlenhydratreiche Mahlzeiten am Morgen besser vertragen werden als am Abend. Umgekehrt erklärt der zirkadiane Rhythmus von Insulin auch, weshalb spätabendliche oder nächtliche Snacks den Stoffwechsel besonders belasten: die innere Uhr unseres Körpers erwartet zu diesen Zeiten keine Nahrungsaufnahme.

Aber einige der Studien haben auch bei täglichem Fasten mit einem Essensfenster am Nachmittag oder frühen Abend positive Auswirkungen auf die Gesundheit beobachten können – wie lassen diese sich erklären, wo sie doch nicht dem natürlichen zirkadianen Rhythmus entsprechen, der eigentlich eine morgendliche Nahrungsaufnahme favorisiert? Eine mögliche Erklärung wäre, dass in diesen Studien der Verzicht auf nächtliche Snacks bereits ausreicht, um negative Auswirkungen zu verhindern, die ansonsten durch Mahlzeiten zu hormonell ungünstigen Zeiten verursacht würden. Eine andere Erklärung liefert die Flexibilität des zirkadianen Rhythmus‘ und die Möglichkeit, den Takt der inneren Uhr durch externe Zeitgeber zu beeinflussen (https://www.nature.com/articles/s41598-019-56323-z): einerseits steuern die tageszeitlichen Hormonschwankungen, wann wir müde oder hungrig werden und wie unser Körper Nahrung verstoffwechselt oder auf Sport reagiert. Auf der anderen Seite lässt sich die innere Uhr aber auch nicht nur durch Tageslicht (https://www.nature.com/articles/35003589, https://sci-hub.se/10.1038/379540a0) und Schlaf (https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.1316335111, https://sci-hub.se/10.1093/sleep/4.1.1, https://academic.oup.com/edrv/article/37/6/584/2691715) synchronisieren, sondern auch durch Essen (https://sci-hub.se/10.1073/pnas.0906426106, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1460-9568.2009.06960.x, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(15)00302-5, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(14)01236-7, https://academic.oup.com/bbb/article/81/5/863/5955402, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(13)01485-2, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00505-1, https://academic.oup.com/edrv/article/43/2/405/6371193, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/003193849190516Q, https://sci-hub.se/10.1016/S0166-4328(97)83335-9) und körperliche Aktivität (https://sci-hub.se/10.1152/ajpregu.00355.2002, https://sci-hub.se/10.1038/s41574-018-0150-x, https://sci-hub.se/10.1111/j.1479-8425.2006.00234.x) im Takt beeinflussen.

Gegenseitige Beeinflussung von innerer Uhr und Mahlzeitenrhythmus

Das Wechselspiel zwischen dem durch Tag und Nacht festgelegten zirkadianen Rhythmus, den tageszeitlichen Schwankungen des Stoffwechsels, und den daraus resultierenden geringfügigen Anpassungen und Verschiebungen der inneren Uhr lässt sich in vielen verschiedenen Experimenten beobachten (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(11)00007-6, https://sci-hub.se/10.1126/science.1195027, https://academic.oup.com/edrv/article/43/2/405/6371193). Falls beispielsweise die Mahlzeiten zu unüblichen Tageszeiten eingenommen werden (bspw. nachts statt tagsüber), aber jeden Tag zur gleichen Uhrzeit, kann durch den regelmäßigen Mahlzeitenrhythmus die innere Uhr um einige Stunden verschoben werden (https://sci-hub.se/10.1096/fj.12-208868). Sobald sich die innere Uhr an den verschobenen Ess-Rhythmus angepasst hat, sind die Mahlzeiten wieder mit den zirkadianen Hormonschwankungen abgestimmt, und die damit verbundenen Vorteile setzen ein.

Interessanterweise spielen unsere Darmbakterien eine entscheidende Rolle in der Beeinflussung des täglichen Hormonzyklus durch die Nahrungsaufnahme (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(14)00505-1, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(14)01236-7). Durch einen festen Mahlzeitenrhythmus mit mindestens 12h Fastenzeit pro Tag beispielsweise ändert sich die Darmflora selbst bei gleichbleibender Essenszusammensetzung, und es wird das Wachstum von „guten“ Darmbakterien begünstigt, die durch Hormonsekretion die innere Uhr synchronisieren (https://journals.asm.org/doi/full/10.1128/mSystems.00348-19).

Generell unterstützt tägliches Fasten die Ausprägung des zirkadianen Rhythmus‘ und damit eine Hormonregulation, die zu den Essenszeiten für optimalen Stoffwechsel sorgt. Eindrücklich konnte dies in Experimenten an Mäusen demonstriert werden, in denen die Uhr-Gene ausgeschaltet worden sind. Normalerweise würden die Tiere mit ausgeschaltetem zirkadianen Rhythmus schneller Übergewicht und verwandte Krankheiten entwickeln, doch kann ein 14:10 Intervallfasten die tageszeitabhängigen Schwankungen von Hormonen und Stoffwechselprozessen wiederherstellen und so die Entwicklung von Fettleber und Glukoseintoleranz verhindern (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(18)30505-9).

Essen zum falschen Zeitpunkt kann den zirkadianen Rhythmus stören

Auf der andere Seite können Mahlzeiten, die außerhalb des durch Tag und Nacht vorgegebenen Rhythmus eingenommen werden, die Ausprägung der zirkadianen Schwankungen abschwächen (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ejn.13563) und die innere Uhr in peripherem Gewebe vom Zeitgeber im Gehirn entkoppeln und gegeneinander verschieben (http://genesdev.cshlp.org/content/14/23/2950, https://sci-hub.se/10.1073/pnas.1519807112, https://www.metabolismjournal.com/article/S0026-0495(16)00034-2/fulltext). Ebenso kann eine hoch-kalorische und fettreiche Ernährung auch das Darm-Mikrobiom stören und so die innere Uhr aus dem Takt bringen (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(07)00266-5, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(13)01485-2).

Generell liefern die Kopplung des Metabolismus an den zirkadianen Rhythmus und die Vielfalt an Zeitgebern wie Licht, Schlaf, Sport und Essen eine Quelle für potentiell große Abweichungen zwischen den Ergebnissen verschiedener Studien und sogar einzelner TeilnehmerInnen. Für eine genaue Untersuchung der gegenseitigen Beziehungen müssten alle anderen Einflussgrößen konstant gehalten oder zumindest penibel dokumentiert werden. Auf der Suche nach einem idealen Ernährungsrhythmus und Sportplan wäre vermutlich auch nicht nur die bloße Zeitdauer relevant, sondern auch die Tageszeit relativ zur persönlichen inneren Uhr (https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2020.00018/full, https://www.nature.com/articles/s41467-021-22922-6, https://sci-hub.se/10.1146/annurev-nutr-082018-124320, https://sci-hub.se/10.1016/j.nut.2021.111244, https://academic.oup.com/edrv/article/43/2/405/6371193).

Wirkmechanismen des täglichen Fasten

Tägliches Fasten wirkt über mehrere unterschiedliche Wege auf den Stoffwechsel und regt gesundheitsfördernde Prozesse an (https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042(20)30346-1, https://academic.oup.com/edrv/article/43/2/405/6371193, https://sci-hub.se/10.1126/science.aau2095, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(16)30250-9, https://sci-hub.se/10.1016/j.nut.2021.111244). Diese lassen sich prinzipiell unterteilen in Mechanismen, die durch verringerte Aufnahme von Kalorien oder Protein ausgelöst werden (ähnlich wie in längerfristigen Diäten oder Fastenkuren), und zusätzliche Effekte, die durch die Unterstützung des zirkadianen Rhythmus entstehen.

Wie Fasten die Gesundheit verbessern kann

Ein Großteil der positiven Effekte von täglichem Fasten sind vergleichbar mit denen von Kalorien- oder Proteinreduktion. Hauptverantwortlich hierfür ist die hierdurch verursachte Reduktion im Wachstumshormon GH (growth hormone) und des insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors IGF-1 (insulin-like growth factor) (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1474-9726.2009.00520.x, https://translational-medicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12967-016-1044-0) und damit einher gehende Änderungen des Stoffwechsels (https://www.nature.com/articles/414799a, https://academic.oup.com/edrv/article/30/2/152/2355062). Isoliert betrachtet kann eine Reduktion von GH oder IGF-1 die Sterblichkeit von Mäusen verringern, auch wenn das genaue Zusammenspiel dieser Hormone viel komplexer ist (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1474-9726.2009.00520.x, https://sci-hub.se/10.1007/s00018-004-4297-y, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1474-9728.2005.00148.x, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/acel.13506, https://academic.oup.com/edrv/article/40/2/575/5253327, https://www.nature.com/articles/nrendo.2013.67, https://www.cell.com/cell-metabolism/pdf/S1550-4131(16)30232-7.pdf). Beispielsweise wird als Folge der niedrigeren Hormonspiegel auf Zellebene die Aktivität des Enzyms mTOR gestoppt und Autophagie induziert, also ein Recycling-Programm gestartet, bei dem alte und fehlerhafte Proteine aufgelöst und als Rohstoffe für neue Proteine verwendet werden. Außerdem wird durch niedrige IGF-1-Konzentrationen das Fasten-Hormon FGF21 ausgeschüttet, welches die Insulinsensitivität erhöht und die Lebensdauer verlängern kann (https://elifesciences.org/articles/00065).

Daneben verbessert Fasten aber auch die Funktion von Stammzellen (https://www.nature.com/articles/s43587-020-00013-3), sowohl durch Reduktion von IGF-1 und PKA (protein kinase A) (https://www.cell.com/cell-stem-cell/fulltext/S1934-5909(14)00151-9, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7) als auch durch Aktivieren von PPARs (peroxisome proliferator-activated receptors) (https://www.cell.com/cell-stem-cell/fulltext/S1934-5909(18)30163-2). Die Aktivierung von PPARs ist auch mitverantwortlich für das Wechseln von Glukose- auf Fettstoffwechsel zur Energiegewinnung (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(06)00978-0, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphar.2020.00730/full, https://www.nature.com/articles/414799a, https://sci-hub.se/10.1016/j.nut.2021.111244).

Tägliches Fasten erhöht Konzentration des Fettverbrennungshormons Adiponektin

Eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung gesundheitsfördernder Effekte nimmt wohl auch das Hormon Adiponektin ein, dessen Produktion durch regelmäßiges und längeres Fasten signifikant gesteigert wird (https://sci-hub.se/10.1016/j.nutres.2019.12.001). Adiponektin wird fast ausschließlich in Fettzellen gebildet und regt die Fettverbrennung an. Außerdem stimuliert es eine Reihe von zellulären Überlebensmechanismen (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(13)00006-5, https://www.nature.com/articles/npjamd201513, https://academic.oup.com/edrv/article/26/3/439/2355263), beispielsweise durch Aktivierung des Enzyms AMPK (adenosine monophosphate activated protein kinase), und wirkt damit letztendlich lebensverlängernd (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1447-0594.2006.00304.x, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8099426/). Auch die mentale Gesundheit scheint durch erhöhte Adiponektin-Spiegel verbessert werden zu können (https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1202835109, https://link.springer.com/article/10.1007/s11011-015-9739-0, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S016501730900054X, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0006291X06004700); eine Beteiligung an der Entstehung von Alzheimer wird vermutet, ist im Detail aber noch unklar (https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnins.2018.01027/full, https://www.mdpi.com/1422-0067/21/17/6419, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fendo.2020.00108/full).

Welche Moleküle koppeln Metabolismus und zirkadiane Uhr?

Der zirkadiane Rhythmus betrifft nicht nur mehrere Hormone und lässt deren Level je nach Tageszeit variieren; er zeigt auch auf Zellebene in tageszeitlichen Schwankungen von Expression und Aktivität verschiedener Gene und Rezeptoren (https://sci-hub.se/10.1126/science.aah4967, https://sci-hub.se/10.1146/annurev-nutr-082018-124320, https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s10059-009-0113-0.pdf, https://sci-hub.se/10.1016/j.arr.2016.12.006, https://sci-hub.se/10.1016/j.metabol.2017.11.017). Aufgrund der hohen Zahl und gegenseitigen Beeinflussung der beteiligten Komponenten ist es schwierig, die molekularen Wirkmechanismen auf einzelne Proteine herunterzubrechen, doch sind für die positiven Effekte von Mahlzeiten im Takt der inneren Uhr verschiedene Ursachen denkbar.

Zu den Molekülen mit zirkadianer Konzentrationsschwankung zählt beispielsweise auch NAD (nicotinamide adenine dinucleotide) (https://www.science.org/doi/10.1126/science.1170803, https://www.science.org/doi/10.1126/science.1171641), welches als Koenzym viele zelluläre Reaktionen überhaupt erst ermöglicht: positiv geladenes NAD+ wirkt dabei als Oxidationsmittel, welches durch den Reaktionsprozess in NADH umgewandelt wird. Für das Wiederaufbereiten von „verbrauchtem“ NADH zurück in reaktives NAD+ ist ein anderes Enzym zuständig: NAMPT (nicotinamide phosphoribosyltransferase), welches durch Gene der inneren Uhr kontrolliert wird und auf diese Weise die zirkadianen Schwankungen des NAD+ Levels verursacht.

Ein hohes Verhältnis von NAD+ zu NADH aktiviert viele Prozesse auf Zellebene, darunter auch die Expression von Genen der inneren Uhr (https://www.science.org/doi/10.1126/science.1060698). Im Gegensatz zu den vorhin diskutierten Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel und zirkadianem Rhythmus auf hormoneller Ebene würde über NAD+/NADH eine Rückkopplung zur inneren Uhr auf Zellebene vorliegen. Ein solcher Mechanismus könnte ebenfalls eine Beeinflussung des zirkadianen Rhythmus durch Nährstoffangebot und körperliche Aktivität erklären.

Von großer Bedeutung ist auch die Aktivierung von Sirtuinen durch NAD+: Sirtuine sind an DNA-Reparaturprozessen beteiligt und außerdem verantwortlich für das Stummstellen irrelevanter DNA-Abschnitte, weshalb Sirtuin-Aktivität mit Langlebigkeit assoziiert wird. Interessanterweise sind Sirtuine ebenfalls als Feedbackgeber für einen stabilen zirkadianen Rhythmus mitverantwortlich (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(08)00879-9, https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(08)00837-4) und werden durch tägliches Fasten stimuliert (https://www.nature.com/articles/s41467-022-28662-5). Gleichzeitig modulieren Sirtuine den Glukosestoffwechsel, beispielsweise über PGC-1α (https://www.nature.com/articles/nature03354) und FOXO-Enzyme (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(11)00007-6).

Fazit – was ist der beste Ernährungsrhythmus?

Die moderne Forschung bringt spannende Erkenntnisse, wie unser Körper auf unsere Lebens- und Ernährungsrhythmen reagiert. Stark vereinfacht: Eine Ernährungsstrategie im Einklang mit dem zirkadianen Biorhythmus reduziert nicht auf magische Art die Zahl der Kalorien in Ihrem Essen. Sie beeinflusst aber Ihre Darmflora und damit in geringem Maße auch, wie effektiv die Nährstoffe aufgenommen werden können; und über die tageszeitlichen Schwankungen von Stoffwechselhormonen hängt vom Essenszeitpunkt ab, ob die aufgenommenen Nährstoffe sofort den Blutzuckerspiegel erhöhen oder als Fettreserven gespeichert werden, oder der Körper erst seine bestehenden Reserven anzapft.

Bei der Vielzahl an Studien mit unterschiedlichsten Bedingungen und ProbandInnen ist jedoch unvermeidlich, dass sich manche Forschungsergebnisse nicht im Detail reproduzieren lassen oder nicht auf Sie persönlich angewendet werden können. Zudem haben die vielen verschiedenen Stellschrauben Ihres persönlichen Lebensstils unterschiedlich starke Auswirkungen auf Ihre Gesundheit: wer jeden Tag nur hochkalorische Süßigkeiten und Fast Food zu sich nimmt, wird auch mit einem regelmäßigen Mahlzeitenrhythmus zunehmen.

Die folgenden Vorschläge für einen gesunden Lebensstil lassen sich aus modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten; dies ist aber keine Garantie, dass sich jeder Ratschlag perfekt in Ihr Leben integrieren lässt.

1. Gönnen Sie Ihrem Körper Ruhezeit zwischen Abendessen und Frühstück

Die meisten Vorteile von täglichem Fasten zeigen sich bereits ab einem Rhythmus von 12:12, also sobald mindestens 12 Stunden zwischen dem letzten Snack am Abend und dem ersten Bissen am nächsten Tag vergehen. Ein klassisches Zeitfenster für Ihre Mahlzeiten wäre beispielsweise zwischen 7 Uhr morgens und 7 Uhr abends. Falls Sie eher ein Abend-Mensch sind und deshalb regelmäßig noch bis 22 Uhr Essen zu sich nehmen, schieben Sie am besten Ihr Frühstück wenige Stunden nach hinten und beginnen erst gegen 10 Uhr mit einem Brunch. Sie können auch flexibel auf Events reagieren: wenn Sie einmal bis Mitternacht feiern waren, können Sie am nächsten Morgen auch das Frühstück komplett auslassen und mit dem Mittagessen als erster Mahlzeit starten.

2. Bemühen Sie sich um einen regelmäßigen Tagesrhythmus

Die innere Uhr wird durch Tageslicht, Schlaf, Sport und Essen maßgeblich beeinflusst. Für unseren Körper ist es am besten, wenn alle diese Zeitgeber synchronisiert sind: Schlafen bei Dunkelheit, und Essen und Bewegung bei Tageslicht. Versuchen Sie, Zeitfenster für Ihre Mahlzeiten zu finden, die nicht nur werktags in Ihren beruflichen Alltag passen, sondern die auch am Wochenende funktionieren. So ersparen Sie Ihrem Körper eine zweimalige Verschiebung der inneren Uhr pro Woche (vergleichbar mit einem Mini-Jetlag).

3. Verzichten Sie abends auf zuckerhaltige Snacks

Der zirkadiane Rhythmus sorgt für eine schlechtere Insulin-Antwort am Abend, sodass Ihr Blutzucker stärker ansteigt als gewöhnlich. Langfristig erhöhte Blutzuckerwerte erhöhen aber das Risiko für Insulininsuffizienz und Typ‑2-Diabetes. Idealerweise wählen Sie daher ein Abendessen mit niedriger glykämischer Last (https://sci-hub.se/10.1017/S0007114511006507, https://www.nature.com/articles/ijo2012229); also aus Nahrungsmitteln mit wenig Kohlenhydraten oder solchen, die nur einen geringen Anstieg des Blutzuckerspiegels verursachen. Das bedeutet: viel Gemüse und etwas Protein oder Fett. Falls Sie dennoch mal am Abend kohlenhydrat- oder zuckerreich gegessen haben, ist es sinnvoll, mit ein bisschen körperlicher Bewegung den Blutzuckerspiegel wieder zeitnah etwas abzusenken (https://sci-hub.se/10.1016/j.jdiacomp.2020.107610, https://link.springer.com/article/10.1007/s40279-018-0864-x). Ein zügiger Spaziergang oder ein kurzes Krafttraining bieten sich hierfür an (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/sms.12999).

4. Nutzen Sie Ballaststoffe, um Schäden durch Zucker abzumildern

Um den Blutzuckerspiegel durch kohlenhydratreiche Speisen nicht zu stark ansteigen zu lassen, empfiehlt sich ein hoher Anteil an Ballaststoffen in der Mahlzeit (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0899900718300145) oder in der Vorspeise. Auch langfristig begünstigt ein hoher Ballaststoffgehalt in Ihrem Speiseplan eine Darmflora, die den Blutzuckerhaushalt verbessert (https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00517-3). Hilfreich ist auch die klassische Aufteilung einer Mahlzeit in mehrere Gänge: Gemüse und Protein zur Vorspeise, ein wenig mehr Kohlenhydrate zum Hauptgang und ein zuckerhaltiges Dessert sorgen für einen schwächeren Blutzuckeranstieg als eine umgedrehte Reihenfolge (https://doi.org/10.1093/cdn/nzz034.P10-072-19, https://www.mdpi.com/2072-6643/12/9/2502, https://doi.org/10.2337/dc15-0429, https://dom-pubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/dom.13503, https://doi.org/10.2337/dc17-2244).

Ausblick: Essen während des Fastens?

Mit besserem Verständnis darüber, welche Wirkmechanismen für die positiven Effekte von Fasten verantwortlich sind, lässt sich auch ein Ernährungsplan entwerfen, der die Gesundheit verbessert, ohne einen kompletten Verzicht auf Nahrung zu fordern. ForscherInnen haben eine Diät entwickelt, die unseren Körper vorgaukelt, er würde fasten; man nennt diese eine fasting-mimicking diet (FMD) (https://www.science.org/doi/10.1126/science.aau2095). Eine solche Diät ist vergleichsweise arm an Zucker, Kohlenhydraten und Proteinen, aber reich an ungesättigten Fettsäuren und Ballaststoffen, was durch hohe Anteile von Gemüse und Nüssen erreicht wird. Um eine Wirkung ähnlich zum Fasten zu erzielen, darf die Gesamtkalorienzahl dieser Diät aber nur etwa ein Drittel des üblichen Tagesbedarfs sein. Für viele Menschen ist diese starke Essenseinschränkung aber dennoch leichter über einen längeren Zeit umzusetzen als ein vollständiger Essensverzicht, wie es beim klassischen Fasten der Fall wäre. Deshalb, und auch wegen der vielen nachgewiesenen Vorteile regelmäßiger FMD-Kuren, ist diese Ernährungsform sehr attraktiv für moderne Forschung (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(17)30130-7, https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.aai8700, https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(16)30576-9, https://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(15)00224-7, https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)01258-X, https://www.nature.com/articles/s41391-022-00528-3).

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